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Gut leben durch Vielfalt und Demokratie!

Aktualisiert: 3. Juni 2023


Als ich die Überschrift vom Spiegel las, wollte ich mich grade freuen und dann sprang mir der verächtliche Kommentar ins Auge (der nicht der einzige ist) und ich erinnere mich daran, wie wichtig Aufklärung in unserer Gesellschaft noch immer (oder grade heute auch wieder stärker) ist! Niemanden wird etwas weggenommen. Niemand tut anderen weh. Es geht darum, zumindest Toleranz zu haben, denn darauf fußt eine friedliche Gemeinschaft in der Menschen so sein können wie sie sein möchten, glücklich sein können, ohne etwas unterdrücken zu müssen, dadurch psychische Leiden zu entwickeln oder in Angst leben zu müssen. Ein sehr femininer Freund von mir hat sich die Nägel machen lassen und wurde daraufhin von seiner Chefin in den Keller versetzt, denn „so kann man dich ja nicht den Kunden zeigen“. Auf einen geplanten betrieblichen Ausflug durfte er ebenfalls deswegen nicht mit. So wird der Community die Sichtbarkeit genommen und der Gesellschaft die Chance solchen Menschen zu begegnen und sich aneinander zu gewöhnen und kennenzulernen, Vorurteile aufzubrechen und Stigmas zu überwinden, die Isolation, Einsamkeit, Suizide und mehr als Folge haben. Wie war das noch einmal mit dem Recht auf Selbstbestimmung und Entfaltung der Persönlichkeit? Aber lass uns nicht naiv sein, wenn du als Mann einen Rock anziehst, wirst du oft entweder ausgelacht, kritisch beäugt oder im schlimmsten Fall erlebst du Gewalt. Melania Geymonat hat Gewalt mit ihrer Freundin in London erfahren. Erst wurden die beiden sexualisiert; die Typen wollten, dass sie sich küssen und bewarfen sie mit Münzen (als Bezahlung?!). Die Männer bekamen ihren Willen nicht. Sie verprügelten Melania Geymonat und ihre Freundin.

Eine Freundin von mir arbeitet als Kassiererin und erzählte mir von einem älteren Herrn, den sie öfter geschminkt und außergewöhnlich gestylt beim Einkaufen sieht. Sie findet es schön, wenn jemand sich auch noch im höheren Alter auslebt, doch beschreibt auch wie er Beleidigungen über sich ergehen lassen musste. Als sie ihn in Schutz nehmen wollte, wurde sie manchmal selbst angegriffen. Dann bat sie die Leute damit aufzuhören, weil sie hier sonst nicht mehr einkaufen dürften. Tolles Zeichen von ihr und starker Einsatz! Der ältere Herr hatte leider irgendwann aufgehört sich so zu stylen wie ihm es gefällt und kam nur noch in unauffälliger Kleidung zum Einkaufen.

Der feste Freund von ihr ist Pole und hatte kürzlich bei einem Besuch in der Heimat Angst nach Hause zu gehen, weil er etwas Rosafarbenes an hatte. Die Freundin erzählte mir, von seinem Bericht über Gewalt gegenüber einen Mann, der blondierte Haare hatte. Viele in Polen würden meinen, sowas dürfen Männer nicht machen, außer man will was auf die Schnauze? Nein! Diesen perfiden Gedanken und Verhalten von Menschen die selbst viele Ängste und Feindlichkeiten entwickelt haben, müssen wir entschieden begegnen und für eine bunte Gesellschaft arbeiten! Ja, es ist Arbeit und nichts kommt einfach so, wir brauchen mehr Engagement, nicht nur von Regenbogenmenschen, Schwarzen, Juden oder selbst betroffenen allgemein. Wir brauchen Engagement von jeden Menschen in unserer Gesellschaft. Stellt euch das mal vor, ihr geht raus und könnt einfach leben und Menschen begegnen einen offen, mit Hilfsbereitschaft, Verständnis und Liebe! Wenn wir so eine Gesellschaft wollen, müssen wir in den Schulen anfangen und dieses Miteinander vermitteln, denn es ist möglich, wenn diese Arbeit geleistet wird!

Viel zu früh bilden sich schon Vorurteile, wie das Schwarze kriminell(er) wären. Ich fange jetzt gar nicht vom strukturellen Rassismusproblem der Polizei an, das sich hier in Deutschland grade schrecklich zeigt (und zuvor schon präsent, aber nicht publik war). Der Doll-Test, in dem bei Kindern ihr Bild von Hautfarbe und ihr Selbstempfinden behandelt wird, spricht Bände.

Es ist viel möglich, wenn früh angefangen wird mit Kindern über Vielfalt zu sprechen, ihnen zu zeigen, dass es noch mehr gibt, dass es ok ist, wenn sie irgendwie anders sind oder sich ausprobieren wollen. Damit wird schon früh ein demokratisches Bewusstsein in den Kindern trainiert. Denn wenn sie nicht erfahren selbst sich für etwas entscheiden zu können und frei selbst zu denken, dann entwickeln sie den inneren Glaubenssatz „Ich darf nicht entscheiden“ oder „Ich darf darüber nicht nachdenken“. Wirkliche Aufklärung fußt auf kritischen denken, etwas aussprechen zu können und dann mit anderen sich darüber auszutauschen. Kant nennt es den Sensus Communis, den Gemeinsinn, in dem wir in unserer Gesellschaft erst darüber urteilen können, wie wir gut zusammen leben. Das funktioniert nur durch Begegnung und Offenheit.

Es bedeutet sich mit Mut zu begegnen, mit Selbstvertrauen, um sich zu öffnen, sich für voll zu nehmen und doch nicht zu ernst zu nehmen. Demokratie fußt auf Würde, Begegnung vor Ort und einer gesunden, freien Seele, die sich traut den Mund aufzumachen, Fehler zuzugeben, immer wieder neu zu reflektieren, die Arme zu öffnen, zu sich zu stehen und auch mal klare Kante zu zeigen.

Nach Maria Marchetta: „Eine Demokratie bedarf sich wertschätzender, Ich-starker, empathiefähiger und verantwortungsbereiter Persönlichkeiten“ oder wie es der Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Lars Castellucci ausdrückt:

„Demokratie hat einen Ausgangspunkt und das ist ein zarter Ausgangspunkt, ein verletzlicher Ausgangspunkt und dieser Ausgangspunkt, das ist die Menschenwürde. Mehr noch, es ist die gleiche Würde von allen Menschen.“

Was nichts anderes heißt, als allen Menschen zuzuhören, alle Probleme ernst zu nehmen und nicht bestimmte (Rand-)Gruppen auszuschließen oder abzuwerten. Deswegen ist zum Beispiel die AfD eine antidemokratische Partei, denn sie schließt Menschen aus, bringt sie durch das Schüren von Vorurteilen und das Verschieben des Sagbaren in Situationen, die das Selbstdenken und die Freiheit divers zu sein verhindern, um einer Volksideologie ein Monopol zu schaffen.

Bei Demokratie geht es also um Austausch und Begegnungsarbeit, die Auseinandersetzung mit Unterschiedlichkeiten und dem Entgegenwirken von Polarisierung, Hass und Gewalt. Denn es darf nicht sein, "dass wir heute, 75 Jahre nach der Niederschlagung des Faschismus gegen alte und neue Nazis demonstrieren müssen!" - Marianne Wilke, Holocaust-Überlebende

Als ich in Bergedorf an einer Schule zu Vielfaltthemen unterrichtet habe, bekam ich zwei Dinge mit; viele Kinder sind offen für Vielfalt und wollen frei leben, sich ausdrücken und ausprobieren. Und einige Kinder haben schon vom Elternhaus viele Vorurteile mitbekommen. Geschichten wie "Das Geheimnis hinter dem Regenbogen" klären auf und geben Sicherheit mit auf den Weg.

Neben einer bezaubernden und bunten Geschichte um die Hauptfigur Maxie im Land hinter dem Regenbogen gibt es viele berührende Gespräche mit besonderen Menschen zu entdecken. So lädt das Hörbuch ein, mit Kindern über Herzensträume, Vielfalt, Anderssein, Mut und Toleranz zu sprechen. Bildungsmaterial zur Förderung von Demokratie- und Vielfaltpädagogik gibt Eltern und Lehrer*innen Expertiese und Inspiration für Gespräche und Unterricht mit auf den Weg.

Kinder sind offen für Vielfalt und leben psychisch gesünder, wenn sie frei entscheiden dürfen. Im YouTube-Video „Kinderreaktionen auf Homo-Ehen“ sieht man, wie Kinder sich für die Liebenden mitfreuen und manches Kind nach kurzer Verwirrung schnell eine wohlwollende Meinung entwickelt, denn diese Kinder wünschen anderen Menschen nur, dass sie glücklich sind! Ab 7:57 bringt ein Kind es gut auf den Punkt; die Sklaverei ist überwunden, Frauen dürfen wählen, Zeiten ändern sich und das ist gut für ein glückliches Zusammenleben in Freiheit und Gleichwürdigkeit.

Vor 4 Tagen bin ich mit meinen rosa Mundschutz und einem Hemd mit rosa Elementen zum Bahnhof Bergedorf gegangen, ein Mann sieht mich, geht an mir vorbei und rotzt lautstark neben mich hin, geht weiter mit einem angewiderten Blick. Diesen Blick sollte ich haben, und ich werde nicht aufhören mutig hinzusehen, zu sprechen, zu handeln, frei zu denken, bis auch andere hinsehen, richtig sehen, den Menschen sehen! Dazu braucht es Persönlichkeiten, die als exemplarisches Beispiel vorangehen und anderen zeigen, was möglich ist. Im Verlauf meiner künstlerisch-kulturellen Aktivismusarbeit werde ich oft gefragt, ob ich nicht Angst hätte so offen zu sein, dass mir vielleicht doch mal jemand einen Strick daraus drehen könnte oder, ob das nicht alles zu selbstdarstellerisch wäre. Grade in der Kreativbranche habe ich viele Selbstdarsteller*innen kennengelernt, denen es nur um Aufmerksamkeit, Lob oder Likes geht. Vielleicht als Liebesersatz oder um ein mangelndes Selbstwertgefühl aufzufangen. Es gibt aber die anderen Fälle, Menschen die von sich erzählen, um eine Beziehung aufzubauen, um eine Verbundenheit zu schaffen und gerne dem Gegenüber zuhören. Genau diese Art bin ich. Deswegen teile ich zum Beispiel auf Instagram nicht nur Fotos von mir oder meiner Arbeit, sondern alles was mich berührt. Deswegen liebe ich es bei Lesungen oder Projekten neue Menschen kennenzulernen, mit ihnen Freude und Leid zu teilen, zuzuhören und möchte innerhalb meiner Arbeit, durch den autobiografischen Ansatz Werte vermitteln. Wir denken und leben unsere Gesellschaft in Beispielen. Denkt nur an die Hollywood-Blockbuster und wie insbesondere Jugendliche ihr Verhalten nach den Held*innen aus den Filmen richten und Ihre Interessen von den "Stars" gelenkt werden. Es geht nicht um dich oder mich, es geht darum, wie wir sein können, was für Farben unsere Seele haben könnte. Es geht darum, hinter die Oberflächen der „sozialen“ Medien, des Images zu sehen, all das was unseren Blick trübt, um eine gute Beziehung zu führen. Einen Sinn im Leben zu finden und einander wirklich begegnen zu können. So führen wir ein gutes Leben im bunten Miteinander. Mit Liebe und mit einem aufgeklärten Blick!

„Nur wer den Menschen liebt, wird ihn verstehen, wer ihn verachtet, ihn nicht einmal sehen“

Christian Morgenstern


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